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AutorenbildLacerta Bilineata

Schwalbenschwanz (Papilio Machaon) erfolgreich in meinen Garten im Tessin in der Schweiz gelockt


Schwalbenschwanz (Papilio machaon),  beim ersten "Strecken" der Flügel nach dem Schlüpfen aus der Puppe, fotografiert in meinem Garten im Tessin (06-2022)
Schwalbenschwanz (Papilio machaon), beim ersten "Strecken" der Flügel nach dem Schlüpfen aus der Puppe, fotografiert in meinem Garten im Tessin (06-2022)

Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon) ist ein Schmetterling in der Familie der Ritterfalter (Papilionidae); mit bis zu 8 cm Flügelspannweite gehört er zu den grössten und schönsten Tagfaltern Mitteleuropas. In unseren Breitengraden (Schweiz, Deutschland, Österreich) lockt man ihn am besten mit Doldengewächsen (Apiaceae) wie dem Fenchel und der Karotte in den Garten; die Raupen fressen aber auch Pflanzen, die ähnliche chemische Inhatsstoffe besitzen, wie z.B. die Weinraute (Ruta graveolens). Die ausgewachsenen Falter mögen besonders gern die Blüten des Roklees, bzw. Wiesenklees (Trifolium pratense), deren Nektar sie trinken.


Der Schwalbenschwanz auf dem Foto oben ist gerade aus der Puppe geschlüpft und streckt noch seine Flügel. Ich hab ihn in meinem Garten im Tessin in der Schweiz fotografiert, aber hinter dem Foto steckt eine lange Geschichte, die ich hier kurz erzählen will ;-)


Der wunderbar ungezähmte Naturgarten rund um mein Ferienhaus im Tessin, aus dem alle Fotos auf meiner Webseite stammen (OK, FAST alle: einige wenige hab ich ein paar Meter ausserhalb gemacht, aber mit Blick auf den Garten 😉), war schon seit einigen Jahren zum Streitobjekt zwischen mir und meiner Mutter geworden.


Der Grund für diesen Konflikt war der obere Teil des Gartens, welcher von meiner lieben Mutter ursprünglich als Gemüsebeet konzipiert worden war. Nachdem ich ihn jedoch "geerbt" hatte, war Mama's geliebtes Gemüse- und Kräutergärtchen zu einer (meiner Meinung nach) wunderbaren Oase des reinen botanischen Chaos gewuchert, deren Biodiversität jeden Regenwald vor Neid hätte gelb werden lassen.


Mein Garten im Tessin in der Schweiz vor einigen Jahren, im Zustand der kontrollierten Verwilderung
Mein Garten im Tessin in der Schweiz vor einigen Jahren, im Zustand der kontrollierten Verwilderung

Mama passte das gar nicht. Obschon sie grundsätzlich Freude an einer gewissen Wildheit der Natur im eigenen Garten bekundet und ein Herz für so ziemlich alle Viecher - mit Ausnahme der braunen Nacktschnecken - hat, gibt es bei ihr (ganz im Gegensatz zu mir) eine rote Linie. Diese rote Linie war der Gemüsegarten.


Und Frau Mama tat ihre Missbilliung über meine ungenügende Gartenarbeit kund, und zwar deutlich; sie liess keine Gelegenheit aus, das SCHRÖCKLICHE Unkraut zu erwähnen, dass Herr Sohnemann endlich jäten müsste (Ich: "Was denn für Unkraut? Ich gestalte hier ein funktionierendes Ökosystem, Mama!"), bis meine hartnäckige Weigerung sie schliesslich an ihre Grenze brachte. Mama hatte genug.


Nun handelt es sich bei der Matriarchin unserer Familie um eine äusserst schlaue Dame von 80 Jahren, deren strategisches Genie und erbarmungslose Beharrlichkeit in der Durchsetzung ihres Willens so manchen James-Bond Bösewicht alt aussehen lassen. Das Haus und der Garten mögen wohl auf einem Blatt Papier mir gehören, aber die Kontrolle darüber würde Mama nie hergeben; ich hätte bessere Chancen gehabt, das Wetter zu beinflussen, als das Schicksal "meines" Gartens - dies hätte mir natürlich klar sein müssen. Mit der kühlen Präzision einer soziopathischen Chirurgin (Mama war bis zur Pensionierung schliesslich als Ärztin tätig), machte sie sich daran, ihren diabolischen Plan auszuführen.


Eines Tages, als ich für ein paar Wochen arbeitshalber nicht ins Tessin konnte, ließ Mama mir eine E-Mail folgenden Inhalts zukommen: Sie hätte beschlossen, meinen garstigen Unkrautdschungel in eine Blumenwiese zu verwandeln. Ich könnte nichts dagegen tun, denn sie habe bereits eine örtliche Gartenbaufirma damit beauftragt, den oberen Teil des Gartens einzuebnen. Einmal planiert, würde der Gärtner dann - und dies beschrieb sie mit offensichtlichem Genuss - die wunderbarsten und schönsten Wildblumen pflanzen und somit meinen hässlichen Unkrautdschungel in ein blühendes Paradies verwandeln.


Man kann sich vorstellen, dass ich über diese Nachricht ganz und gar nicht erfreut war, aber ich konnte nichts tun; Mama hatte mich mit ihrem Schachzug matt gesetzt, weshalb mir nichts anderes übrig blieb, als das traurige Schicksal meiner wunderbaren Oase der Artenvielfalt zu akzeptieren. Nach dieser E-Mail schien meine Mutter den Kontakt zu mir etwas zu meiden, und wenn wir uns mal kurz sahen, erwähnte sie den Garten mit keinem Wort. Das kam mir nicht auffällig vor, denn ich nahm an, dass sie sich - zu Recht - wenigstens ein kleines bisschen schuldig fühlte.


Ein paar Wochen später fuhr ich endlich wieder ins Tessin und war gespannt auf Mamas Blumenwiese: das "blühende Paradies", das sie in ihrer Nachricht ja geradezu besungen hatte. Und ich muss zugeben, als ich beim Haus ankam, fiel mir tatsächlich die Kinnlade herunter. Allerdings vor Schreck - nicht vor ehrfürchtigem Staunen ob einer blumigen, blühenden Farbenpracht: denn da waren weder blühende Blumen noch prächtige Farben.


Mir offenbarte sich ein Bild des rasigen Grauenns: statt einer Blumenwiese war da ein geometrisch präzise ausgelegter, hässlicher Stoppelrasen, der sich aufgrund des fehlenden Regens in den letzten Wochen bereits bräunlich-gelb verfärbt hatte und somit eher an die Farben einer schlecht gereinigten Kloschüssel erinnerte, denn an die Farbenpracht eines "blühenden Paradieses". Von Artenvielfalt ganz zu schweigen - nicht mal Ameisen hatten Lust auf diese vertrockneten Stoppeln.


Der ehemalige Gemüsegarten, nachdem meine Mutter "aus Versehen" einen Rollrasen darüber legen liess
Der ehemalige Gemüsegarten, nachdem meine Mutter "aus Versehen" einen Rollrasen darüber legen liess

Nun muss man wissen, dass das Italienisch meiner Mutter nicht besonders gut ist (böse Zungen würden vielleicht eher behaupten, es sei sogar so schlecht, dass bezweifelt werden muss, ob sie es überhaupt spricht), und wie sich herausstellte, gab es ein "kleines" Missverständnis. So hat der örtliche Tessiner Gärtner, nachdem er meine Oase des botanischen Chaos und der Artenvielfalt eingeebnet hatte, keine prächtigen Wildblumen gepflanzt, sondern stattdessen einen Rollrasen verlegt. Einen Rollrasen von der Art, wie er für sterile Fußballfelder verwendet wird.


OK (werden Sie, liebe Leser, an dieser Stelle sagen): "Sad Story, Bro - aber was hat das mit dem Schwalbenschwanz auf dem Foto zu tun?" Die Antwort lautet: alles. Im vergangenen Herbst und den ganzen Frühling hindurch hab ich gesäht und gepflanzt und geschaufelt und gegraben wie ein Besessener; ich hab sogar meine Freunde angestiftet, mir bei meinen (halblegalen) Verpflanzungsaktionen zu helfen. Unter anderem hab ich mir Feldskabiosen, Rotklee, Wiesenmargheriten, Natternkopf, Salbei, Thymian und Lavendel in den Garten geholt, zudem Fenchel und Wilde Möhren als Futterpflanzen für die Raupen von eben genau diesem wunderschönen Schwalbenschwanz auf dem Bild oben.


Dieselbe Ansicht des Gemüsegartens wie im vorigen Bild, aber nachdem ich Kräuter, Blumen und Fenchel gepflanzt habe
Dieselbe Ansicht des Gemüsegartens wie im vorigen Bild, aber nachdem ich Kräuter, Blumen und Fenchel gepflanzt habe

Dies war mein verzweifelter Versuch, die Verwüstung rückgängig zu machen, die der Zorn meiner Mutter über die Erde gebracht hatte (nun ja, mindestens über die Erde meines verwilderten Gemüsegartens ;-) und diese pissgelbe (bzw. kackbraune) Rasenwüste wieder in eine Oase der Artenvielfalt und des bunten botanischen Chaos zu verwandeln.



Und es hat tatsächlich geklappt! Seit diese Pflanzen zu blühen begonnen haben, ist mein Garten wieder zum Magnet für alle Arten von Schmetterlingen und Insekten geworden, sogar für seltene Spezies - und natürlich für meinen liebsten Gast und Besucher: den Schwalbenschwanz.


Schwalbenschwanz - PAPILIO MACHAON - 04-2023 - MONTEGGIO (CH)
Schwalbenschwanz auf Rotklee

Diese prächtigen Schmetterlinge sind nun Dauergäste in meinem Garten; zudem haben sie meine Einladung dankbar angenommen und das Fenchel-/Möhrenbeet ist nun eine Kinderstube für niedliche Schwalbenschwanz-Raupen.



Und wer nun denkt, hier sei ein neuer Konflikt mit Frau Mama vorprogrammiert - weit gefehlt. Ganz im Gegenteil, denn einmal mehr hat die schlaue Matriarchin ihren Kopf durchgesetzt (so wie das alle Mütter dieser Welt seit Anbeginn der Zeit tun und immer tun werden - macht euch nichts vor, liebe Kinder ;-) Mein Unkraut ist weg, es gibt jetzt tatsächlich eine blühende Blumenwiese - und es hat sogar wieder Gemüse im Garten (obwohl der Fenchel im Moment noch strikt für die Schwalbenschwanzraupen ist 😊).


Ich hab den schleichenden Verdacht, dass meine Mutter vielleicht besser Italienisch kann, als sie sich anmerken lässt...



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