Die Schlange, Die Beisst: Die Gelbgrüne Zornnatter (Hierophis Viridiflavus)
- Lacerta Bilineata
- 8. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Apr.

Die "aggressivste" Schlangenart in Europa - in dem Sinne, dass sie im Vergleich zu anderen hier heimischen Arten etwas eher dazu neigt, Menschen zu beißen oder anzugreifen, wenn man ihr zu nahe kommt - ist wohl die Zornnatter (Hierophis viridiflavus). Diese große Natternart kann in seltenen Fällen bis zu zwei Meter lang werden und wenn sie sich bedroht fühlt, zeigt sie sich ziemlich "beissfreudig" - das ist die schlechte Nachricht.
Die gute Nachricht ist, dass diese Schlange wie alle europäischen Nattern völlig harmlos ist; sie ist zudem extrem scheu und hat eine wunderschöne Zeichnung ("gelbgrün" ist sie zwar nicht, ausgewachsene Tiere sind vorwiegend schwarzgelb, und es existiert auch die melanistische bzw. vorwiegend schwarze Unterart Hierophis viridiflavus carbonarius). Zudem ist es wichtig zu erwähnen, dass Schlangenbisse in Europa im Allgemeinen höchst selten sind.

Die Aussage, dass die Zornnatter etwas eher dazu neigt, zu beissen, als andere Schlangen, bedeutet also nicht, dass solche Vorfälle häufig sind: sie sind im Gegenteil extrem rar und in den allermeisten Fällen zweifellos durch den Menschen provoziert. Unsere einheimischen Arten beissen nur, wenn sie Todesangst haben und sich verteidigen wollen, und dasselbe gilt auch für die Zornnatter.
Erst vor kurzem wurde entdeckt, dass einige Zähne im hinteren Kieferbereich von Zornnattern leicht giftig sind (was wahrscheinlich der Grund ist, wieso diese Spezies beim Zubeissen auf der von ihr gebissenen Stelle geradezu "herumkaut"; mit diesem Vorgehen versucht sie anscheinend, die hinteren Zähne in ihr Opfer oder ihren Feind zu bekommen).
Das Gift ist für den Menschen jedoch nicht gefährlich; tatsächlich ist ein Biss der Zornnatter in der Regel aufgrund ihrer winzigen Zähne und der relativ geringen Bisskraft nicht einmal schmerzhaft. Zu Angriffen auf Menschen kommt es entweder, wenn die Schlange überrascht wird und der Mensch ihr bereits so nahe ist, dass sie nicht mehr ans Fliehen denkt, oder wenn sie in die Enge getrieben wird und keinen Ausweg sieht.

Was die Art zur „aggressivsten“ in Europa macht (das Wort steht in Anführungszeichen, weil keine europäische Schlangenart mit gutem Gewissen als aggressiv bezeichnet werden kann), ist eine faszinierende Charaktereigenschaft, die der Zornnatter auch ihren Namen eingetragen hat.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Schlangenarten in Europa, die Menschen erst angreifen, wenn man ihnen extrem nahe kommt oder sie berührt (und häufig nicht mal dann), sind Zornnattern etwas weniger "pazifistisch". Besonders bei grösseren Exemplaren kann es sein, dass auch schon eine Distanz von zwei Metern als zu nah empfunden wird und die Schlange in den Verteidigungsmodus übergeht, anstatt zu fliehen.
Eine solche Begegnung kann einem schon einen Schreck einjagen, denn die Zornnatter zischt und "faucht" dann laut und richtet sich auf, um größer zu erscheinen - aber wie bereits erwähnt, stellt sie keine Gefahr für den Menschen dar. Wenn man sich zurückzieht und ihr die Möglichkeit gibt, zu fliehen, wird sie diese dankbar nutzen und eine Konfrontation vermeiden.
Trotz ihres etwas "streitlustigen" Charakters, sollte man sich glücklich schätzen, wenn man eine Zornnatter sieht, denn das hochsensible Reptil spürt die durch unsere Schritte verursachten Vibrationen im Boden und versteckt sich normalerweise, bevor man nah genug ist, um es zu entdecken.
Die Zornnatter ist übrigens die schnellste Schlange Europas - sie kann eine Geschwindigkeit von 11 km/h erreichen - und ist eine unglaublich wendige Jägerin, die auch hervorragend klettern kann. Sie ernährt sich bevorzugt von Eidechsen, erbeutet aber auch andere kleine Wirbeltiere wie Vögel, Nagetiere und Amphibien (und in seltenen Fällen sogar Fische). Die Art kommt in Andorra, Kroatien, Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Slowenien, Spanien, Luxemburg und der Schweiz vor.
Die Fotos habe ich alle in meinem Garten im Tessin in der Schweiz gemacht. Für mich ist es eine grosse Freude, dass diese wunderschönen Tiere hin und wieder meinen Garten besuchen, und ich bemühe mich aktiv darum, meinen Garten reptilienfreundlich zu gestalten (lesen sie dazu auch folgenden Post: https://de.lacerta-bilineata.com/post/eidechsen-in-den-garten-locken ). Denn leider sind in Europa die meisten Reptilienarten bedroht, weil wir ihren Lebensraum zerstören.

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