Die Mauereidechse (Podarcis muralis) ist eine Eidechsenart mit einer weiten Verbreitung in Europa. Die wunderschönen Reptilien kommen in Deutschland vor allem im Südwesten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vor; in der Schweiz ist sie zwar mehrheitlich auf der Südseite der Alpen im Tessin anzutreffen, jedoch verbreitet sie sich auch im Norden mehr und mehr.
Sowohl in Deutschland wie in der Schweiz existieren aber viele kleine Populationen in anderen Landesteilen, wo die Tiere eingeschleppt wurden. In Grossbritannien war sie wahrscheinlich ursprünglich nicht heimisch, sie wurde dort in der Neuzeit aber eingeführt, und mittlerweile gibt es mehrere wachsende Populationen in verschiedenen Teilen des Landes.
Die Reptilien wurden auch in Nordamerika eingeführt, wo sie manchmal als Europäische Mauereidechsen (European Wall Lizard) oder Lazarus Eidechse (Lazarus Lizard) bezeichnet werden.
Podarcis muralis kann bis zu 20 cm lang werden und ist eine kleine, dünne Echse, deren Schuppen in Farbe und Musterung stark variieren, was man auf den Fotos unten gut erkennen kann. Die Weibchen sind in der Regel etwas kleiner als die Männchen. Mauereidechsen ernähren sich hauptsächlich von Gliederfüßern wie Insekten und Spinnen, sie mögen aber auch Schnecken und Würmer. Die Tiere sind nicht wählerisch und fressen eigentlich so ziemlich alles Getier, was in ihr Maul passt - und gelegentlich auch mal eine Beere.
Mauereidechsen teilen sich oftmals denselben Lebensraum mit den erheblich größeren Smaragdeidechsen (Lacerta bilineata), und falls Sie sich nun fragen, wie sie mit ihren dominanteren und viel auffälliger gefärbten Cousinen auskommen, so lautet die Antwort: "It's complicated" ;-)
Kleinere Exemplare von Podarcis muralis rennen wie der Teufel, wenn sie in die Nähe einer ausgewachsenen Smaragdeidechse kommen (weil sie zu Recht befürchten, dass sie gefressen werden könnten), und selbst die größeren Mauereidechsen scheinen ihre grünen Nachbarn zumindest zu meiden. Aber es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass sich Mauereidechsen direkt neben den Bilineatas in der Sonne aalen oder sogar über sie hinwegklettern, ohne irgendwelche Anzeichen von Angst zu zeigen.
Wahrscheinlich hängt der "Beziehungsstatus" dieser beiden Eidechsenarten davon ab, was für einen Lebensraum sie sich teilen, wie reichhaltig das Nahrungsangebot für beide Arten ist und ob sie einander überhaupt ausweichen können. Übrigens kommt es auch durchaus vor, dass Mauereidechsen sich gegenseitig fressen (ich war Zeuge eines solchen Vorfalls und habe ihn gefilmt; weiter unten gibt es zudem auch noch ein Foto des "Kannibalen", dem das "Corpus Delicti" - der Schwanz des verspeisten Opfers - immer noch aus dem Maul hängt).
Faszinierend ist auch, dass Mauereidechsen am selben Standort in mindestens sechs verschiedenen Aussehenstypen, sogenannten "Morphs" (abgeleitet von Morphologie) vorkommen können, was innerhalb einer einzigen Art - und dann noch im selben Habitat - im Tierreich etwas sehr Besonderes ist. Falls Sie also schon einmal grünliche Exemplare mit orangefarbenem Brust-/Bauchbereich, sowie braune Tiere mit gelber Unterseite oder grauebraune Mauereidechsen mit blauen "Saphiren" an den Seiten beobachtet haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass dies die Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen oder subadulten Tieren sein müssen, so lagen Sie ziemlich sicher falsch.
All diese unterschiedlichen Exemplare können durchaus gleich alt sein und dasselbe Geschlecht haben - und sie gehören definitiv alle zur gleichen Art. Es ist nur so, dass sich Mauereidechsen im Laufe ihrer Evolution zu diesen sechs unterschiedlichen Aussehenstypen entwickelt haben (die auch bestimmte andere Unterschiede mit sich bringen, z. B. in Bezug auf ihr Immunsystem - all das können Sie bei Wikipedia nachlesen). Und darüber hinaus gibt es auch wahrscheinlich auch noch regionale Unterschiede.
Obwohl Mauereidechsen also nicht so auffällige "Paradiesvögel" wie die Smaragdeidechsen sind, haben sie durchaus ein Faible für Abwechslung und bunte Variationen, und persönlich finde ich sie mindestens so schön, wie ihre extravaganten Cousinen :-)
Alle hier gezeigten Individuen habe ich in meinem Garten im Tessin oder dessen unmittelbarer Umgebung fotografiert.
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